Festschrift „150 Jahre Pfarrkirche Heilige Dreifaltigkeit“ (als PDF downloaden)
Die ersten Gottesdienste , der erste Ortspfarrer , die eigene Kirche , die katholische Kirche in der Öffentlichkeit , die katholische Schule in Brandenburg , das dritte Reich , der Aufbau nach 1945 , die Gemeinde , die katholischen Ordensschwestern in Brandenburg , das Dekanat
Vorwort
Verglichen mit den anderen Kirchen unserer Stadt Brandenburg – z.B. dem Dom, St. Katharinen und St. Gotthardt – ist die katholische Pfarrkirche „Hl. Dreifaltigkeit“ ein recht bescheidenes Gotteshaus. Sie ist nicht besonders groß und birgt keine besonderen Kunstschätze. Vor 150 Jahren hatte sie wenigstens noch einen respektablen Turm. Bedingt durch die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges ist auch davon leider nur noch ein Stumpf übriggeblieben. Kein Wunder, dass die Kirche selten erwähnt wird und kaum öffentliche Beachtung findet.
Zu Unrecht! Denn seit ihrer Einweihung am 12.08.1851 durch Propst Pelldram von St. Hedwig war die Kirche immer Mittelpunkt einer lebendigen Gemeinde und Ausgangspunkt neuer Gemeindegründungen. Heute ist sie mit den um sie angeordneten Einrichtungen der Gemeinde und der Caritas eine kirchliche Oase in der Stadt Brandenburg.
Der Verfasser dieser Festschrift, Johannes Nitschke, ist mit persönlichem Interesse und mit Sachkenntnis den historischen Spuren nachgegangen. Er lädt uns ein, zurückzuschauen und zu staunen, wie die katholischen Christen der Dreifaltigkeitsgemeinde mit ihren Pfarrern in all den Jahrzehnten ein pulsierendes Gemeindeleben entfaltet und ein Zeugnis christlicher Hoffnung gegeben haben.
Wenn wir in diesem Jahr ein großes Jubiläum feiern, 150 Jahre Kirche und Pfarrgemeinde „Hl. Dreifaltigkeit“, dann sind wir besonders dafür dankbar, dass hier nicht nur ein Baudenkmal gepflegt und erhalten worden ist, sondern eine lebendige christliche Gemeinde. Der Blick in die Vergangenheit weckt Zuversicht für die Zukunft: Christus der Herr wird auch künftig mit seiner Gemeinde sein, denn „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Mt 18,20.
Richard Rupprecht
Pfarrer der Kirchengemeinde „Hl. Dreifaltigkeit“
1. Die ersten Gottesdienste – nach oben
Dass der katholische Glaube Anfang des 18. Jh. in Preußen wieder Fuß fassen konnte, geschah nicht aus Toleranzbereitschaft Friedrich Wilhelm I., sondern hatte politische und wirtschaftliche Hintergründe. Unter den ins Land geholten belgischen Fabrikarbeitern und den aus allen Gegenden Deutschlands angeworbenen Soldaten befanden sich zahlreiche Katholiken. Sie kamen nur, wenn man ihnen Religionsfreiheit zusicherte. So wurden für ihre seelsorgliche Betreuung ab 1720 zwei Dominikaner aus Halberstadt in Potsdam zugelassen. Da bis 1733 in Brandenburg ein Bataillon der sogenannten „Langen Kerls“ stationiert war, haben vermutlich auch in Brandenburg katholische Gottesdienste stattgefunden.
1784 wurde den katholischen Soldaten Brandenburgs die Mitbenutzung der St. Johanniskirche gestattet. Von nun an kamen ein- bis zweimal im Jahr Geistliche aus Berlin. Als 1806 die Truppen Napoleons die Kirche in ein Magazin verwandelten, hörten die Gottesdienste wieder auf.
Erst ab 1810 durfte die kleine St. Petrikapelle am Dom genutzt werden. Kapläne aus Berlin und Potsdam hielten in unregelmäßigen Abständen hier Gottesdienste. In dieser Zeit zählte man in Brandenburg etwa 400 Katholiken. Neben den bereits erwähnten Soldaten waren es vor allem Händler und Handwerker aus Böhmen, Polen, Schlesien, Bayern und Tirol, aber auch aus Irland, Frankreich und Italien. Die wenigsten Katholiken waren gebürtige Brandenburger.
Die Unterschiede der Nationalitäten und Mentalitäten erschwerten einen Zusammenhalt und das Wachsen von gemeinsamen Traditionen. Die unregelmäßigen Besuche auswärtiger Geistlicher reichten für eine erfolgreiche Seelsorge nicht aus. Dazu kam, dass die Katholiken noch jahrzehntelang dem Parochialzwang unterlagen, d.h., katholische Geistliche durften nicht taufen, nicht trauen und nicht beerdigen.¹
Ab 1826 kamen vorwiegend Kapläne aus Berlin. An den Gottesdiensten nahmen auch Katholiken aus Ziesar, Plaue, Belzig, Pritzerbe, Golzow, Göttin und Ketzür teil.
Dass diese bunt zusammengewürfelte Gemeinde trotzdem überdauerte, war hauptsächlich das Verdienst engagierter Laien, an ihrer Spitze der Kirchenvorsteher Mauri.
Ein Bild ist von ihm nicht erhalten, aber seine Unterschrift findet sich unter zahlreichen Schriftstücken: „Giacinto Mauri“. Aus der italienischen Provinz Bergamo kommend, hatte er sich 1810 in Brandenburg nieder-gelassen und führte in der Hauptstr. 14 ein Galanteriewarengeschäft und später eine gutgehende Konditorei. Ein ganzes langes Menschenleben bemühte er sich um die Anstellung eines katholischen Priesters. So schrieb er u. a. 1823 an König Friedrich Wilhelm III. und richtete seine Bittschriften und Gesuche an den Fürstbischof von Breslau und an den Bischof des Ermlandes. Seine Briefe bzw. die Kopien seiner Briefe von 1817 – 1848 sind im Pfarrarchiv erhalten.
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¹Die genannten Amtshandlungen wurden von der evangelischen Kirche vorgenommen.
2. Der erste Ortspfarrer – nach oben
Am 31. Dezember 1840 schrieb Mauri an König Friedrich Wilhelm IV. Dieser ließ sich diesmal genau über die Situation der Brandenburger Katholiken berichten, über ihre Finanzfähigkeit, über den Zustand der inzwischen baufällig gewordenen St. Petrikapelle und über die Kosten einer eventuellen Instandsetzung. Es sollten noch vier Jahre vergehen, bis das Gesuch alle Instanzen durchlaufen hatte. 1844 nominierte das zuständige Ministerium den Schulpräfekten Ignatz Tieffe aus Frankenstein in Schlesien. Am 13. Oktober 1844 wurde er durch Propst Brinkmann (Berlin) in Brandenburg eingeführt.
Inzwischen war die St. Petrikapelle am Dom so baufällig geworden, dass sie 1848 für jede Nutzung polizeilich gesperrt wurde. Damit waren die Katholiken wieder einmal heimatlos. Zunächst fanden die Gottesdienste in der Wohnung des Pfarrers statt.
Da die Gemeinde kein Korporationsrecht besaß, konnte sie kein Grundstück kaufen. Der Geschäftsmann und Kirchenvorsteher Gottfried Riedel (1792-1874) kaufte in seinem Namen aus Mitteln der Kirche das Haus in der Kleinen Münzenstraße 8. Es diente von 1846-1849 als Pfarrhaus und bis 1898 als katholische Privatschule für 60 Kinder. Alle Bemühungen, ein weiteres, größeres Grundstück für einen Kirchbau zu erwerben, scheiterten an der ablehnenden Haltung des Magistrates.
Unerwartete Hilfe kam, als 1848 die Nationalversammlung im Brandenburger Dom die neue Verfassung beriet. Die katholischen Abgeordneten beschwerten sich, dass am Tagungsort keine katholische Kirche sei. Daraufhin wurde den Katholiken die Mitbenutzung der St. Gotthardtkirche gestattet.
3. Die eigene Kirche – nach oben
Nach wiederholten Fehlschlägen gelang es dann schließlich doch, in der Neustädtischen Heidestr. 24 ein größeres Grundstück zu kaufen. Der dazugehörige Garten war der Teil eines 1820 stillgelegten Friedhofes, der auf dem ehemaligen Weinberg des St. Pauliklosters angelegt worden war. Die für den Ankauf nötigen Korporationsrechte wurden gerade noch rechtzeitig am 29. September 1849 erteilt. So konnte das Grundstück am 1. Oktober 1849 gekauft werden.
Nun galt es vor allem, Geld zu sammeln. Für den geplanten Kirchbau unternahm Pfarrer Tieffe zahlreiche Bettelreisen durch ganz Deutschland. Groß war das Verzeichnis der Spender, angefangen von „hohen und höchsten Herrschaften“ bis zu dem „schlichten Mädchen aus Burg Steinfurt“.
Betrug der Baufonds 1849 sieben Taler, waren es 1855 dagegen schon 23.199 Taler.
Insgesamt beliefen sich die Kosten mit Grundstück und Ausstattung auf 23.924 Taler.
Bereits am 15. August 1849 tat Pfarrer Tieffe den ersten Spatenstich für den Kirchbau. Aber erst am 28. Oktober 1849 konnte die feierliche Grundsteinlegung durch Propst Ketteler (Berlin) vorgenommen werden. Fadenscheinige Einwände des Magistrats hatten den Baubeginn immer wieder verzögert.
Nach fast zwei Jahren fanden die Bauarbeiten ihren Abschluss. Entstanden war eine Hallenkirche von 19,3 m Länge und 12,4 m Breite. Die Längswände von 11,5 m Höhe trugen (bis 1945) eine gewölbte Kassettendecke aus Holz. Fünf schmale hohe Rundbogenfenster zu beiden Seiten des Kirchenschiffes sorgten hinreichend für Tageslicht. Die Giebel fanden ihren Abschluss in einem 7,13 m breiten Halbrundchor im Süden und einem schlanken Turm mit hoher achteckiger Spitze im Norden.
Die Architektur der Kirche bezeichnete der Baumeister als „Italienische Renaissance“. Den Hochaltar krönte eine Nachbildung eines Kreuzes von Achtermann. Die Nebenaltäre stammten aus einer Stiftung Friedrich Wilhelm I. aus Potsdam.
Bereits am 11. April 1851 hatte die Glockenweihe stattgefunden. Die kleinste Glocke war ein Geschenk des Brandenburger Domkapitels und stammte aus dem inzwischen abgebrochenen Turm der St. Petrikapelle.¹
Am 12. August 1851 wurde die Kirche durch den fürstbischöflichen Delegaten Propst Pelldram von St. Hedwig (Berlin) auf den Namen „Heiligste Dreifaltigkeit“ geweiht. Viele Bürger der Stadt sowie die gesamte evangelische Geistlichkeit nahmen an der Feier teil.
Ein großes Ziel, ein erster Höhepunkt, war erreicht. Nun galt es vor allem, das Errungene zu festigen und zu sichern, der Minderheit die Minderwertigkeitsgefühle zu nehmen, gesundes Selbstvertrauen und Selbstbewußtsein zu vermitteln und zu erhalten. Als Pfarrer Ignatz Tieffe 1858 nach Trebnitz in Niederschlesien versetzt wurde, übernahmen seine Nachfolger bis zum heutigen Tag die besondere Verantwortung und Verpflichtung für diese Gemeinde in der Diaspora.
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¹Die Glocke hängt z. Zt. in St. Nikolai
4. Die katholische Kirche in der Öffentlichkeit – nach oben
Der innere Ausbau der Gemeinde, aber auch die Öffnung nach außen wurden gleichermaßen Hauptaufgaben der kommenden Jahre und Jahrzehnte.
Um die sich oft fremd gegenüberstehenden Mitglieder der Gemeinde auch außerhalb der Kirche einander näher zu bringen, entstanden Interessengemeinschaften und Vereine. In der Öffentlichkeit besonders wirksam waren karitative Vereinigungen, wie der Vinzenzverein, der Gesellenverein und der Bonifatiusverein.¹
Der Vinzenzverein wurde 1834 von einem Pariser Studenten gegründet, um besonders Arme und Bedürftige zu unterstützen. Dieser Verein verbreitete sich bald über viele Teile Deutschlands. Am 17. Februar 1858 führte ihn Pfarrer Rieger (Brandenburg 1858-1869) in der Dreifaltigkeitsgemeinde ein. In den Kriegsjahren 1870/71 unterstützte der Verein besonders Familien, deren Väter gefallen waren, und pflegte verwundete und erkrankte Soldaten.
Die Not deutscher Handwerksgesellen veranlasste den Priester und Schuhmachergesellen Adolf Kolping zur Gründung eines katholischen Gesellenvereins, der an zahlreichen Orten Deutschlands Nachahmung fand und dem sich – ebenfalls durch die Initiative von Pfarrer Rieger – auch in Brandenburg 1851 zwanzig Mitglieder anschlossen. Leider erwies sich dieser Verein nicht als lebensfähig und löste sich am 31. Juli 1859 wieder auf. Trotzdem erlosch die Idee und der Geist Kolpings nicht bis in die Gegenwart.
Erst um 1919 erfuhr der Verein Adolf Kolpings in Brandenburg seine Erneuerung und bestand neunzehn Jahre ohne Unterbrechung bis zu seiner Auflösung durch die Gestapo 1938.
Da in der DDR Vereine verboten waren, nannte sich der Gesellenverein nach 1945 „Kolpingsfamilie“. Mitglieder der Kolpingsfamilie errichteten mit eigenen Mitteln 1957 einen Pfarrsaal auf dem Gelände der Pfarrei. Der Handwerker Paul Portala und der Handwerksmeister Wilhelm Stöber waren die Initiatoren dieses Vorhabens. Wie in der NS-Zeit waren auch jetzt Zusammenkünfte von Christen außerhalb des Kirchenraumes unerwünscht und wurden mehr und mehr durch staatliche Stellen behindert. So war der eigene Gemeindesaal von unschätzbarem Wert. Er dient bis heute nicht nur der Kolpingsfamilie, sondern der ganzen Gemeinde für die verschiedensten Veranstaltungen und Feste.
1962 teilte Pfarrer Semrau (Brandenburg 1962-1985) die Kolpingsfamilie in kleinere Familienkreise, da die Gefahr einer Bespitzelung durch das MfS in den letzten Jahren deutlich zugenommen hatte.
1988 wurde die Kolpingsfamilie durch Pfarrer Richard Rupprecht (Brandenburg seit 1985) erneut ins Leben gerufen und besteht heute wieder als Kolpingverein.
Die finanzielle Not der Katholiken Brandenburgs soll der Anlass einer weiteren Vereinsgründung gewesen sein. Der Berliner Schuhmacher Werny gründete einen Verein zur finanziellen Unterstützung des Kirchbaus in der Stadt Brandenburg. Propst Brinkmann (Berlin) veränderte die Satzungen 1847 zugunsten eines allgemeinnützigen Vereins, der am 4. Oktober 1849 in den Bonifatiusverein umgewandelt wurde.
Es gab viele Gelegenheiten, den katholischen Glauben auch in der Öffentlichkeit zu demonstrieren. So wurde am 18. Oktober 1891 der erste „Märkische Vereinstag“ abgehalten. Die Teilnehmer kamen aus allen Teilen Deutschlands. Die Veranstaltung begann mit dem Hochamt (Festgottesdienst) in der Hl. Dreifaltigkeitskirche. Anschließend standen die Besichtigung der Baudenkmäler Brandenburgs und ein Treffen auf dem Marienberg auf dem Programm. Mit einer öffentlichen Versammlung im großen Saal des Stadtparks fand der Tag seinen Abschluss.
Ein besonderer Höhepunkt wurde der 25. Märkische Katholikentag 1927 in Brandenburg. Drei Märkische Katholikentage (1891, 1894, 1906) hatten in der Vergangenheit hier schon stattgefunden.
Monate vorher hatte Dr. Carl Sonnenschein² für dieses Ereignis geworben. Am 14. August 1927 reisten ca. 17.000 Katholiken aus Berlin und der Mark mit zwei Sonderzügen und mit sieben Haveldampfern nach Brandenburg. Sie kamen aber auch mit Bussen, mit eigenen Autos, mit Pferdegespannen und mit Fahrrädern. In einem Festzug zogen die Teilnehmer mit 400 Fahnen an den Zuschauern vorbei. Der Festgottesdienst mit Weihbischof Dr. Deitmer (Berlin) fand im Stadion am Grillendamm statt. Die Abschlussandacht hielt Prälat Bernhard Lichtenberg (Berlin).
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¹ In dieser Zeit wurden bis 1895 elf Vereine gegründet. Siehe Ernst Riedel „Katholisches Leben in der Mark Brandenburg – (1894“) S. 118 – 129
² katholischer Priester (1918 – 1929) in Berlin, Leiter der Kath. Kirchenzeitung. Gründer verschiedener sozialer und intellektueller Interessengemeinschaften und Arbeitskreise, auch „Großstadtapostel“ genannt
5. Die Katholische Schule in Brandenburg – nach oben
Am 29. Juni 1828 hatte der Kirchenvorsteher Gottfried Riedel auf die notwendige Einrichtung einer katholischen Schule in Brandenburg hingewiesen. Aber seine Bemühungen blieben erfolglos. 1839 verlangte Propst Brinkmann (Berlin) ein Verzeichnis aller katholischen Kinder, um seinen Forderungen nach einer katholischen Schule Nachdruck zu verleihen.
Erst Pfarrer Tieffe gelang es, wie bereits erwähnt, 1846 in seinem Pfarrhaus in der Kleinen Münzenstr. 8 für 60 Kinder eine einklassige katholische Privatschule zu eröffnen. Die Genehmigung der Regierung lag vor. Der Magistrat in Brandenburg aber, der offensichtlich nicht informiert war, wollte die Kinder nicht aus den evangelischen Schulen freigeben und drohte den Eltern mit Strafen wegen unerlaubten Fernbleibens der Kinder vom Schulunterricht. Ferner ordnete er die Schließung der Schule an. Um das Vorhaben nicht schon im Anfangsstadium zu gefährden, stellte der Scherenschleifer Johann Gottfried Riedel den Dachboden seines Hauses vorübergehend als Schulraum zur Verfügung. Im Jahr 1861 erhielt die Schule den Status einer öffentlichen Gemeindeschule. Während die evangelischen Schulen durch die Stadt unterstützt wurden, musste die katholische Gemeinde für die Erhaltung der Schule selbst aufkommen. Verhandlungen mit dem Magistrat um Unterstützung der katholischen Schule blieben von 1862 bis 1867 erfolglos. Erst am 14. Dezember 1888 verfügte ein Urteil des Provinzialrates, dass die Stadt Brandenburg die Einrichtung einer zweiklassigen Gemeindeschule vorzunehmen habe. Ab Ostern 1891 wurde sie dreiklassig, ab 1898 vierklassig. Da die Räumlichkeiten in der Kleinen Münzenstraße zu klein geworden waren, siedelte die Schule in dieser Zeit in die Kurstraße 14 um.¹
Mit dem Anwachsen der Gemeinde wuchs auch die Anzahl der Klassen. Um 1908 zogen Lehrkräfte und Schüler in den 1886 entstandenen Klinkerbau Kurstraße 69-70². Laut einer Statistik unterrichteten um 1916 fünf Lehrerinnen und fünf Lehrer 433 Mädchen und Jungen bis zur 8. Klasse. Daneben besuchten ca. 80 katholische Schülerinnen und Schüler die mittleren und höheren Schulen der Stadt.
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¹lt. Handschrift Rektor Schneider: Schulhaus Kurstraße 14
²die heutige Curieschule
6. Das Dritte Reich – nach oben
Bald nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begannen die Konflikte zwischen der katholischen Kirche und dem Staat. Gezielte antichristliche Propaganda sollte die Gläubigen verunsichern und Papst, Bischöfe und Priester in Verruf bringen.
Ein Hirtenbrief der deutschen Bischöfe vom 9. Januar 1936 richtete sich mit Nachdruck gegen diese unlauteren Praktiken. Gleichzeitig wurde vor nationalsozialistischen Schriften gewarnt und den Katholiken empfohlen, tendenziöse Schulungen und Kurse zu meiden.
Die Reaktion in der staatlichen Presse fiel ausgesprochen aggressiv aus. Bald aber blieb es nicht mehr nur bei verbalen Angriffen. Pfarrer Bruno Schubert war seit 1919 Ortspfarrer der Brandenburger Dreifaltigkeitsgemeinde. Im Oktober 1934 hatte er auch die Gefangenenseelsorge übernommen. Seine Anteilnahme am Schicksal gefangener Mitbrüder nahm die Geheime Staatspolizei zum Anlass, ihn zu verhaften. Am 6. Mai 1937 kam er im Berliner Polizeigefängnis am Alexanderplatz ums Leben.¹
Als sein Nachfolger, Pfarrer Albrecht Jochmann, am 1. Juli 1937 die Leitung der Pfarrei übernahm, hatte sich der Druck auf die Kirche und auf kirchliche Einrichtungen noch verstärkt. Da ab 1937 katholische Priester in staatlichen Schulen keinen Religionsunterricht mehr erteilen durften, fanden sich 35 Frauen aus der Gemeinde bereit, die Kinder zu unterrichten. Regelmäßige Kurse mit Pfarrer Jochmann schafften die dafür nötigen Befähigungen.
1938 löste die Gestapo alle Vereine auf, verbot die Kirchenzeitung und beschlagnahmte alle nichtreligiösen Bücher der Pfarrbibliothek. 1939 folgte die Schließung der katholischen Schule. Ab 1941 durften keine Meldungen mehr vom Einwohnermeldeamt an die Pfarrei gegeben werden. Der Religionsunterricht auf den Dörfern wurde nach und nach eingestellt.
Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges stieg in Brandenburg die Produktion kriegswichtiger Erzeugnisse. So erhöhte sich auch die Zahl der katholischen Arbeitskräfte. Viele von ihnen waren Zwangsarbeiter. Dadurch entstanden für Pfarrer Jochmann, vor allem aber für die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen zusätzlich pastorale und karitative Aufgaben.
Die immer häufigeren Fliegeralarme erschwerten die Seelsorge in der Stadt erheblich.
Auch die Gottesdienste wurden deshalb mehrmals gewaltsam unterbrochen. Weihnachten 1940 musste die Christmesse ganz ausfallen. Am 18. April 1944 fielen die ersten Bomben. Ein weiterer schwerer Angriff folgte am 6. August 1944. Die Zahl der dabei getöteten Gemeindemitglieder konnte nicht ermittelt werden.
Am 24. April 1945 begannen die Kämpfe um Brandenburg. Eine Handvoll Unverbesserlicher versuchte aufzuhalten, was nicht mehr aufzuhalten war. Das Ende des Krieges, mit all seinen verheerenden Folgen, stand unmittelbar bevor. Die St. Annenbrücke und das Proviantamt am Jungfernsteig hatte bereits die Rote Armee besetzt. Am 25. und 26. April beschossen Scharfschützen den Turm der Hl. Dreifaltigkeitskirche und beschädigten ihn schwer. Dunkle Feuerwolken zogen über die Neustadt. Das St. Paulikloster und viele Gebäude im Umkreis brannten. Dichter Funkenflug entzündete auch das Dach der Pfarrkirche. Da durch den Beschuss Löscharbeiten nicht möglich waren, brannte die Kirche bis auf die Grundmauern aus. Das ganze Inventar, alle Paramente und Gewänder, aber auch ein Teil der älteren Kirchenbücher wurden vernichtet.
7. Der Aufbau nach 1945 – nach oben
Die ersten katholischen Gottesdienste durften ab Mai 1945 im zerstörten Kreuzgang des St. Pauliklosters stattfinden. Ab 8. Mai 1945 traf sich die Gemeinde in der ebenfalls stark beschädigten St. Gotthardtkirche.
Wieder einmal war es die Familie Riedel, die den Brandenburger Katholiken zu Hilfe kam. Großzügig stellte sie einen Lagerraum im ersten Stock ihres Speichers am Katharinenkirchplatz 10 zur Verfügung. Nach einem entsprechenden Umbau fanden hier ab Januar 1946 alle Gottesdienste statt. Die Ordensschwestern des Marienkrankenhauses stifteten Kirchenwäsche und Paramente.¹
Größer als die Sorge um die zerstörte Pfarrkirche war die menschliche Not. Viele hatten kein Dach mehr über dem Kopf. Väter und Söhne waren gefallen.
Im Westen Brandenburgs (Quenzsiedlung) befand sich ein Lager mit Flüchtlingen und Heimatvertriebenen. Aber auch in der Stadt und in den umliegenden Dörfern suchten Heimatlose eine neue Heimat. Da viele von ihnen katholisch waren, vergrößerten sich die Gemeinde Hl. Dreifaltigkeit und die Gemeinden der Vorstadtsiedlungen Görden und Quenz erheblich. Auch auf dem Land nahm der Anteil der katholischen Bevölkerung zu. So wurde an vielen Orten wieder katholische Gottesdienste und Religionsunterricht eingeführt.²
Unermüdlich waren die persönlichen Einsätze Pfarrer Jochmanns und seiner bewährten Helferinnen. Neben der pastoralen Betreuung waren vor allem menschliche Zuwendung und soziale Unterstützung gefragt. Anfang Januar 1946 konnte eine Nähstube eingerichtet werden. Sechs Frauen aus der Gemeinde bemühten sich, Bedürftige mit Wäsche und Oberbekleidung zu versorgen.
1947 erhielt die Gemeinde die Bauerlaubnis für den Wiederaufbau ihrer Pfarrkirche. Baumaterial und zusätzliche Arbeitskräfte wurden nicht bewilligt. Den Bauauftrag erhielt die Firma Mast.
Schon lange vorher hatten überwiegend Frauen, aber auch Kinder und Jugendliche den Schutt aus der Kirchenruine entfernt und brauchbare Ziegel sichergestellt. Als der Kauf des benachbarten Ruinengrundstückes Neustädtische Heidestr. 27 gelang, gingen die mühevollen Bergungsarbeiten weiter.
Am 24. September 1948 trafen sich 60 Gemeindemitglieder im Stahlwerk, um aus den Trümmern Klinkersteine zu gewinnen. Die Aktion ergab 7.000 Stück. Auf dem ehemaligen Flugplatz Arado fanden sich Asphaltplatten für den Fußboden der Kirche.
Um bei der Finanzierung des Baues mithelfen zu können, führte die Jugend 1947 in der Kirchenruine ein Laienspiel auf und veranstaltete 1948 ein Konzert. Die Eintrittsgelder ergaben einen Betrag von 4.364,48 RM.
Die Währungsreform am 24.6.1948 fügte dem Baufonds der Gemeinde schweren Schaden zu. Damit die Bauarbeiten nicht in Gefahr gerieten, stellte das Bischöfliche Ordinariat Berlin 10.000 Mark zur Verfügung. Aus Spenden des Kardinals von Preysing, des Bonifatiushilfswerkes und vieler Gemeindemitglieder war ein Betrag von 100.000 Mark zusammengekommen. Zuletzt verzichtete die Baufirma Mast auf die Bezahlung ihrer letzten Arbeitswochen.
Am 24. Dezember 1948 waren die wichtigsten Arbeiten abgeschlossen. So konnte die Gemeinde die Christmesse wieder in der eigenen Kirche feiern.
Aus den Trümmern einer bescheidenen Diasporakirche war ein noch bescheideneres Bauwerk entstanden. Das durch den Brand geschwächte Mauerwerk trägt nun ein verstümmeltes Mansarddach. Eine schlichte flache Holzdecke ersetzt die ehemals reich verzierte Kassettendecke. Der Turm hat seine imposante Spitze eingebüßt und ist heute nur noch halb so hoch wie früher.
Am 24. Mai 1949 verließen die letzten Handwerker die Kirche. Zur 100-Jahrfeier am 12. August 1951 waren die Innenarbeiten abgeschlossen und die Ausstattung im wesentlichen fertiggestellt. Bischof Weskamm (Berlin) hielt den Festgottesdienst. Der Chor der Berliner Hedwigskathedrale hatte die musikalische Gestaltung übernommen. Noch im gleichen Jahr erhielt die Kirche neuen Glocken, die dritten seit ihrem Bestehen.
8. Die Gemeinde – nach oben
Alles schien in jenen Jahren in Bewegung. Auf der einen Seite die vielen Heimatsuchenden, auf der anderen Seite Familien, die über Generationen hier gelebt hatten und nun die Stadt verließen. Politischer Druck und soziale Unsicherheit waren die häufigsten Ursachen.
Nahtlos hatte sich der Machtwechsel vollzogen. Eine Diktatur löste die andere ab. Schon bald wurden die Kirchen wieder angefeindet, ihre Mitglieder diskriminiert. Es galt eindeutige Standpunkte zu vertreten. Viele arrangierten sich, denn wieder entschied die Parteizugehörigkeit über Stellung in Beruf und Gesellschaft. Die Minderheit, die ihre christliche Identität nicht aufgab, musste sich auf die Konfrontation mit der Staatsmacht einstellen. Am schwersten hatten es Familien mit Kindern. So wurde die Kirche eine Alternative zur staatlich verordneten Einheitsideologie.
Am 14. Juni 1960 verstarb Pfarrer Albrecht Jochmann an den Folgen eines Herzinfarktes. Viele Gemeindemitglieder, Vertreter der Stadt sowie katholische und evangelische Geistliche begleiteten den Toten am Tage seiner Beisetzung von der Pfarrkirche durch die Straßen der Stadt zum Neustädtischen Friedhof. Hier ruht er an der Seite seiner verstorbenen Mitbrüder.
Nur kurze Zeit war dem Nachfolger, Pfarrer Klaus Gawlitta, beschieden. Nach fast einem Jahr, im Oktober 1961, erlitt er einen Herzinfarkt, von dem er sich nicht mehr erholen sollte. Trotzdem ging das Gemeindeleben weiter.
Im Jahr 1961 erhielt die Kirche neue Bänke.
1962 fanden Einkehrtage statt. Im gleichen Jahr erlebte die Gemeinde eine Volksmission .
Wegen seiner Erkrankung kehrte Pfarrer Gawlitta nicht mehr in die Gemeinde zurück. Er wurde am 26. August 1962 verabschiedet und starb am 18. August 1964. Am 16. September 1962 wurde Pfarrer Harry Semrau durch Prälat Schmitz (Berlin) in Brandenburg eingeführt.
Die folgenden Jahre waren erfüllt mit verschiedensten Aktivitäten im innerkirchlichen Bereich. Neben den Gottesdiensten entstanden Interessengemeinschaften und Gesprächskreise. Die Kinder- und Jugendseelsorge erhielt dabei einen besonderen Stellenwert.
Da junge Christen nicht öffentlich in Gruppen auftreten durften, richtete die Berliner Bischofskonferenz in den 60er Jahren die „Religiösen Kinderwochen“ (RKW) ein. Die offizielle Version lautete: „Religionsunterricht für Schulkinder“. So konnten katholische Mädchen und Jungen ungehindert in den Sommerferien auf Reisen gehen.
Für die Brandenburger Kinder waren Neustadt/Dosse und Lehnin die Reiseziele. Begleitet wurden sie von Priestern, MitarbeiterInnen und Jugendlichen aus der Gemeinde. Auf dem Programm standen neben Gottesdiensten und religiösen Unterweisungen viele sinnvolle Freizeitbeschäftigungen. Daher erfreuen sich die RKW auch heute bei allen Kindern großer Beliebtheit.
Am 10. November 1962 fand in der Gemeinde die erste St. Martinsfeier statt. Dem Umzug der Kinder mit Lampions folgte ein kurzes Spiel auf dem Pfarrhof. Der Hl. Martin zu Pferde teilte seinen Mantel und reichte ihn dem in Lumpen gehüllten Bettler zu seinen Füßen. Anschließend wurden bei einer kurzen Andacht in der Kirche Geld- und Sachspenden eingesammelt. Seit 1991 findet dieser Umzug ökumenisch statt.
Am 4. März 1964 stellte Pfarrer Semrau interessierten Gemeindemitgliedern ein Tonband „Jazz in der Kirche“ vor.
Die anschließende Diskussion war angeregt, die Meinungen teilweise sehr unterschiedlich. Ein Jahr später entstand eine kleine Kinderschola, die zu besonderen Anlässen die sonntäglichen Familienmessen mitgestaltete. Inzwischen ist daraus ein Kinderchor mit ca. 20 Mädchen und Jungen geworden, der seinen festen Platz im Familiengottesdienst gefunden hat. Ebenfalls in den 60er Jahren schlossen sich Jugendliche beider Konfessionen zur ökumenischen Kreiskirchenband zusammen, die unter dem Namen „PATCHWORK“ zunehmend an Profil gewann und bei Konzerten und kirchlichen Veranstaltungen immer wieder die Zuhörer beeindruckt. Ebenfalls ökumenisch ist die 1995 gegründete Jugendband „Et tamen“, die ihrerseits mit Singen und Spielen die christliche Botschaft in und um Brandenburg verbreiten möchte.
Christen in der Diaspora leben von den religiösen Höhepunkten. Da durch die Teilung Deutschlands und durch den Mauerbau die Teilnahme an den Deutschen Katholikentagen nicht mehr möglich war, führten Pfarrer Semrau und Pfarrer Adler (Potsdam) 1963 die Dekanatstage für Potsdam und Brandenburg ein. Großzügig stellten die evangelischen Christen Lehnins die Klosterkirche zur Verfügung. Bis auf wenige Unterbrechungen trafen sich nun die Gemeinden der Dekanate Potsdam und Brandenburg jährlich am Pfingstmontag in Lehnin.
Als im Oktober 1965 die 800-Jahr-Feier des Brandenburger Domes stattfand, begegneten sich evangelische und katholische Christen. Hier wurden die ökumenischen Bemühungen greifbar. In den folgenden Jahren setzten sie sich in regelmäßigen gemeinsamen Gottesdiensten fort.
Am 1. April 1968 erhielt die Pfarrkirche eine Kleinorgel der Potsdamer Orgelbaufirma Joachim Schuke.
Die alte Orgel wurde bei dem Brand 1945 zerstört. Verschiedene Gutachten und Umbauvorschläge der Firma Schuke dokumentieren aber den Aufbau und die Klangfähigkeit des alten Instrumentes. So schrieb Alexander Schuke 1937: „Das Werk wurde vor ca. 80 Jahren von dem Orgelbauer Dinse oder den Orgelbauern Lang und Dinse (Berlin) erbaut. … Sie (die Orgel) war sehr solide und sauber gebaut, wenn sie auch in klanglicher Hinsicht kein Kunstwerk jemals gewesen ist.“ An anderer Stelle nennt Schuke die 17 vorhandenen klingenden Register. Ein altes Foto vermittelt zusätzlich einen optischen Eindruck.
Die Ergebnisse des II. Vatikanischen Konzils sollten auch für Brandenburger Katholiken wirksam werden. 1970 wählte die Gemeinde ihren ersten Pfarrgemeinderat. Im Mai 1971 berief Kardinal Bengsch (Berlin) die ersten Diakonatshelfer, denen später Diakonatshelferinnen folgten.
Bei einer Umfrage in der Gemeinde 1970 war der Wunsch nach einer Umgestaltung der Pfarrkirche deutlich geworden. Verschiedene bauliche Mängel sowie liturgische Veränderungen nach dem Konzil rechtfertigten eine Erneuerung des Innenraumes. Der Umbau dauerte von Juni 1972 bis Juni 1973. In dieser Zeit leisteten 108 Gemeindemitglieder 1.312 Einsätze.
Gestalt und Ausstattung entsprachen dem Zeitgeschmack und den finanziellen und bautechnischen Möglichkeiten der 70er Jahre. Inzwischen hatte die Kirche ihre fünfte Innenraumgestaltung erhalten (1851, 1906, 1939, 1949 und 1973). Das Missionskreuz von 1962, das bisher vor der Kirche stand, erhielt seinen Platz in der Apsis. Nach längerem Suchen fand sich in Langenstein bei Halberstadt ein passender Kruzifixus. Seine Entstehung wird zwischen 1510 und 1520 angegeben.
Schon lange besteht in der Krypta des Brandenburger Domes eine Gedenkstätte für die Opfer ungerechter Gewalt. Im Zuge der Bauarbeiten entstand auch in der Hl. Dreifaltigkeitskirche eine Gedenkstätte für die Priester und Laien, die von 1942 bis 1945 im Brandenburger Zuchthaus hingerichtet wurden.
Ein besonderes Ereignis war die Feier der Ersten Heiligen Kommunion der Lokalie Brandenburg/ Nord am 6. Mai 1973 im Dom. Da die Pfarrkirche von 1972-1973 wegen Bauarbeiten nicht genutzt werden konnte, hatte die Domgemeinde extra ihren Gottesdienst verschoben, um den Kommunionkindern in ihrem Gotteshaus eine würdige Feier zu ermöglichen. Die Kinder der Dreifaltigkeitsgemeinde feierten ihre Erste Heilige Kommunion im eigenen Pfarrsaal.
Im Herbst 1976 begannen die Festwochen anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Pfarrkirche. Sie wurden am 26. September mit einem geistlichen Konzert eröffnet. Bläser und Sänger des Brandenburger Theaters sowie der Organist der Dreifaltigkeitsgemeinde wirkten bei dieser Aufführung mit.
In den nächsten Tagen folgten geistliche und geschichtliche Vorträge und eine recht eindrucksvolle Ausstellung im Pfarrsaal. Höhepunkt und Abschluss war ein Festgottesdienst am 9. Oktober mit Alfred Kardinal Bengsch. Es sangen die Dresdener Kapellknaben.
Am 5. März 1979 erhielt die Pfarrkirche einen neuen Kreuzweg. Die Leidensstationen Christi wurden von Josef Krautwald (Rheine/ Westfalen) als Flachreliefs gegossen. Das Material ist eine Aluminium-Siliziumlegierung.
Bei Aufräumungsarbeiten auf dem Pfarrhof im August 1980 fand sich in einem Schuppen der alte, lange vermisste Turmknopf, der die Turmspitze bis 1945 geziert hatte. Der Inhalt bestand aus Schriftstücken und Münzen von 1850, 1910 und 1929.
Am 1. Juni 1981 veranstaltete der Dom eine ökumenische Begegnung und eine Ausstellung aller christlichen Gemeinden der Stadt. Umrahmt wurde dieses Treffen durch ein gemeinsames Singen aller Kirchenchöre unter der Leitung von KMD Ernst Damus.
Während der evangelischen Kirchenmusikwochen fand am 4. Juni 1982 in der Pfarrkirche ein Bläserkonzert statt. Am Abend sang der Chor der Hedwigskathedrale (Berlin) das „Te Deum“ von Bruckner und am darauffolgenden Dreifaltigkeitssonntag in der 10 Uhr Messe die „Missa brevis“ in B-Dur von Joseph Haydn.
Ob die Dreifaltigkeitsgemeinde von Anfang an einen eigenen Kirchenchor hatte, ist nicht eindeutig nachweisbar. Sicher ist, dass in der Vergangenheit Chöre bestanden haben. 1973 gründete Kaplan Norbert Kliem einen „Singekreis“. Im Laufe der Jahre entstand daraus ein Chor, der auch heute noch zu besonderen Anlässen die Gottesdienste mitgestaltet. Im gleichen Jahr hatten sich katholische Schüler der Brandenburger Musikschule zu einer Streichergruppe zusammengefunden, um bei dem Festgottesdienst am Hl. Abend mitzuwirken. Später entstand daraus das ökumenische „Vivaldiorchester“, das viele Jahre hindurch eine Bereicherung der Festgottesdienste in der Pfarrkirche war. Kurz nach 1989 löste sich das Orchester auf. Die neue Zeit veranlasste die meisten eigene Wege zu gehen. Inzwischen gibt es wieder ein paar begabte junge Musiker, die als kleine Gruppe den Gottesdienst am Heiligen Abend mitgestalten.
Am 16. August 1983 brannte das benachbarte Pionierhaus . Und wieder war die Pfarrkirche in Gefahr. In einem Großeinsatz der Feuerwehr gelang es, die benachbarten Häuser und die Kirche zu sichern. Das denkmalgeschützte Vorderhaus und der Saal brannten bis auf die Grundmauern aus.
Am 24. Februar 1985 feierte Pfarrer Semrau sein Goldenes Priesterjubiläum. Zu diesem Anlass sangen der Chor der Dreifaltigkeitsgemeinde und die Evangelische Kantorei Belzig unter der Leitung von Frau Thea Labes die „Missa solemnis“ von Carl Gottlieb Reißiger. Seit dieser Aufführung singen heute noch einige Brandenburger bei besonderen Anlässen in Belzig mit.
Vier Monate später stellte Pfarrer Semrau nach 23-jähriger Amtszeit die Pfarrei aus Altersgründen zur Verfügung. Am 20. Oktober des gleichen Jahres wurde der neue Pfarrer Richard Rupprecht von Dekan Paul Berger (Premnitz) in Brandenburg eingeführt. Am Tag darauf erfolgte die kirchenrechtliche Übergabe.
Der Priestermangel im Bistum und im Dekanat machte besondere Maßnahmen erforderlich. So mussten die Gottesdienstzeiten im ganzen Stadtgebiet verändert werden. Die Pfarrkirche sollte von nun an Zentrum werden. Ein Pastoralkonzept für alle Mitarbeiter regelte schwerpunktmäßig die Aufgabenstellungen. Unabhängig von den jeweiligen Verantwortungsbereichen erklärten sich alle zur Mithilfe und zur Übernahme von Aufgaben bereit.
Im April 1986 hatte die Gemeinde eine spätbarocke Marienstatue von Kardinal Meißner (Berlin) erhalten. Sie stammte aus dem Nachlass des verstorbenen Prälaten Thiesen aus Regensburg. Im Rahmen einer feierlichen Maiandacht wurde die Figur am 1. Mai geweiht.
Am 23. September 1986 eröffnete Pfarrer Rupprecht einen Kurs „Glaubensinformation für Erwachsene“. Ziel war es, nichtkatholischen Menschen den Inhalt des katholischen Glaubens nahe zu bringen. Dieses Angebot fand Interesse und kann auch in Zukunft wahrgenommen werden.
Es ließ sich nicht mehr übersehen, das kommunistische System war am Ende. Die politischen und wirtschaftlichen Spannungen in der DDR machten sich auch in Brandenburg bemerkbar. Oppositionelle Gruppen hatten sich gebildet. Im Oktober 1989 wollte das „Neue Forum“ sein Programm der Bevölkerung vorstellen. Öffentliche Räumlichkeiten konnten aber dafür nicht gefunden werden. So erklärte sich die Dompfarrerin Cornelia Radeke bereit, den Dom am 21. Oktober für einen Informationsabend zur Verfügung zu stellen. Obwohl der Termin nicht veröffentlicht werden durfte, hatten sich viele Bürger der Stadt auf dem Burghof eingefunden. Brandenburger aller Konfessionen und Weltanschauungen waren gekommen. Da der Dom die Menschenmassen nicht aufnehmen konnte, musste die Veranstaltung zweimal wiederholt werden. Wartend verharrte eine stumme Menge auf dem dunklen Vorplatz. Erst nach Mitternacht verließen die letzten Teilnehmer den Dom. Am 25. Oktober 1989 fand im Dom das erste „Gebet für unser Land“ statt. Eine Arbeitsgruppe der Domgemeinde und unserer Gemeinde hatte dieses Gebet vorbereitet.
Von nun an trafen sich regelmäßig Christen und Nichtchristen an jedem Mittwoch abwechselnd im Dom oder in der katholischen Pfarrkirche. Da nach der Grenzöffnung am 9. November 1989 das Interesse immer mehr nachließ, wurde diese Form von Gebetsgottesdienst im März 1990 beendet.
Es war in den 80er Jahren üblich, dass zwischen Städten der DDR und der BRD Partnerschaften geschlossen wurden, so auch zwischen der Stadt Brandenburg und Kaiserslautern. Die Absicht war es, für die marode Wirtschaft der DDR Unterstützung aus dem Westen zu erhalten. Private Kontakte waren dabei nicht vorgesehen.
So kam Pfarrer Norbert Kaiser von „St. Martin“ (Kaiserslautern) auf die Idee, diese Städtepartnerschaft auf kirchliche Ebene auszuweiten. Über das Bischöfliche Ordinariat Berlin und anschließend mit Pfarrer Richard Rupprecht (Brandenburg) wurden die ersten schriftlichen Kontakte geknüpft. Es folgte der Austausch von Adressen und Gemeindeinformationen. Am 16. Juli 1989 besuchte Pfarrer Kaiser mit drei Gemeindegliedern aus „St. Martin“ die Dreifaltigkeitsgemeinde. Dieser Besuch war der Anfang einer intensiven Gemeindepartnerschaft.
Die Öffnung der deutsch-deutschen Grenze am 9. November 1989 brachte für die Gemeinde, aber auch für viele Gemeindemitglieder völlig unerwartet neue Perspektiven und Möglichkeiten. Viele gingen auf Reisen und kamen wieder. Andere verließen Brandenburg für immer. Wieder andere besannen sich auf ihren Ursprung und besuchten Heimatstadt und Pfarrgemeinde. Eine Gruppe ehemaliger Brandenburger Katholiken hatte sich um Prälat Stanislaus Szydzik geschart und als „Brandenburger Freundeskreis“ viele Jahre zusammengehalten. Prälat Szydzik war von 1940 bis 1946 Kaplan in Brandenburg und hatte eine sehr intensive Jugendarbeit geleistet, die auch heute noch diesen Kreis prägt. Am 24. Juni 1990 fand das erste Treffen in Brandenburg statt. Seit dieser Zeit wiederholen sich die Besuche in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen.
Das Bedürfnis auch in Gemeinschaft zu reisen, veranlasste den Diakon Werner Kießig im Herbst 1991 mit einigen Senioren der Gemeinde eine Pilgerfahrt nach Rom zu unternehmen. Es war der Auftakt zu vielen Seniorenfahrten.
Die Aufarbeitung deutscher Geschichte war der Tenor von zwei Gemeindefahrten in größerem Rahmen. So startete am 7. November 1995 eine Gruppe von 50 Personen unter Leitung von Pfarrer Richard Rupprecht eine achttägige Pilgerfahrt nach Israel. Ziel war nicht nur den Spuren Jesu nachzugehen, sondern auch ein Stück jüdische Geschichte zu erfahren. So waren neben den biblisch geprägten Orten vor allem die Gedenkstätte Yad Vashem und das Grab des kurz vorher ermordeten Iytzak Rabin in Jerusalem die besonderen Schwerpunkte der Reise.
Zwei Vorträge des Theologen Manfred Deselaers über Auschwitz und den Lagerkommandanten Rudolf Höß waren der Anlass der zweiten Gemeindepilgerfahrt. Am 11. April 1997 fuhren 27 Personen mit Pfarrer Rupprecht für vier Tage nach Auschwitz und Birkenau in Polen. Vorbereitet und betreut wurde die Gruppe von Dr. M. Deselaers, der es verstand, dank seiner umfangreichen Kenntnis das Grauen dieser Orte greifbar zu machen. Am letzten Tag wurde im Lager Birkenau der Auschwitzkreuzweg von Dr. M. Deselaers gebetet. Im Text dieses Kreuzweges werden 14 reale Stationen menschlicher Erniedrigungen und Qualen dem Leidensweg Jesu auf dem Weg zum Kreuzestod gegenübergestellt. Das Erlebte machte alle betroffen und nachdenklich und das ist gut so!
Die Gemeindefahrt im September 1997 nach Rom und Assisi und die Fahrt nach Frankreich zu den berühmten Kathedralen des Landes im September 1999 waren erlebnisreich und vermittelten neben dem Interessanten und Wissenswerten vor allem das Gefühl von Zusammengehörigkeit auch außerhalb des Kirchenraumes.
Im Herbst 1989 hatte die Dreifaltigkeitsgemeinde mit dem Umbau ihres Pfarrsaales und der Erweiterung zum Gemeindezentrum begonnen. Neben dem großen Saal sollten eine Reihe kleinerer Räume für Religionsunterricht, Seminare und sonstige Veranstaltungen entstehen. Zu diesem Zweck wurde das bereits bestehende Gebäude in einen L-förmigen Neubau einbezogen und mit einem gemeinsamen Dach versehen. Die Einweihung begann am 5. September 1991 mit einer Vesper in der Kirche und endete am 7. September mit einem Festvortrag und einem Empfang im Saal. Unter den zahlreichen Gästen war auch Pfarrer Norbert Kaiser mit Gemeindemitgliedern aus Kaiserslautern. – Eröffnung des Gemeindehauses (Video)
Im gleichen Jahr gründeten vier Redemptoristen in Brandenburg-Hohenstücken eine Niederlassung . Ihr Hauptanliegen ist die Sozialarbeit in der Stadt. Dazu gehört die offene Betreuung von Jugendlichen unabhängig von Religion und Weltanschauung, ferner die Begleitung von Straf-gefangenen und deren Eingliederung in die Gesellschaft. Außerdem aber helfen die Patres auch pastoral in den Gemeinden der Stadt aus.
Besondere Anerkennung verdient ihr Einsatz für Ausländer und Asylbewerber in unserer Stadt. Seit 1992 wird der „Tag des ausländischen Mitbürgers“ im katholischen Gemeindezentrum begangen. Der Nachmittag beginnt mit einem interreligiösen Gebet. Das anschließende Zusammensein auf dem Pfarrhof und im Saal dient dem gegenseitigen Kennenlernen und Verstehen und hat den Charakter eines Gemeindefestes. Ausgestaltet wird der Tag von Mitgliedern der Gemeinde und dem Arbeitskreis „Migration“.
Schon immer war die Dreifaltigkeitsgemeinde aufgeschlossen für die Not anderer, sei es die Fürsorge für die Kriegsopfer des I. Weltkrieges oder die Unterstützung der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen nach 1945. Immer gab es Menschen in der Gemeinde, die sich engagierten und verfügbar waren, wenn sie gebraucht wurden.
So entwickelte sich auch jetzt eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der Ordensgemeinschaft der Redemptoristen und der Pfarrgemeinde.
Die wirtschaftliche Not in der ehemaligen UdSSR und ihren Paktstaaten forderte die Hilfsbereitschaft der Brandenburger Katholiken. Im Januar 1991 beteiligte sich die Gemeinde mit 373 Paketen an einer Hilfsaktion für die Stadt Murmansk und im Dezember 1992 mit eine Spende von 2.900 DM für Magnitogorsk. 1993 folgten verschiedene Transporte mit Hilfsgütern nach Lipova in Rumänien und seit 1997 immer wieder Paketspenden für russische Familien mit behinderten Kindern in Gomel bei Tschernobyl.
Im Januar 1991 wurde auch in Brandenburg eine alte Tradition wieder neu belebt, das Sternsingen. Gerade in einer atheistisch geprägten Stadt wurde es zum öffentlichen Glaubenszeugnis junger Menschen, dem zunehmend Aufmerksamkeit und Anerkennung entgegengebracht wird. Die teilweise beträchtlichen Spenden sind für das „Päpstliche Missionswerk der Kinder/ Die Sternsinger“ bestimmt.
Am 25. Februar 1995 feierte Pfarrer i.R. Harry Semrau zusammen mit Weihbischof Wolfgang Weider, einigen Mitbrüdern und vielen Gästen sein Diamantenes Priesterjubiläum. Er konnte noch selbst zelebrieren, obwohl es ihm sichtbar schwer fiel. Es sollte sein letztes öffentliches Fest sein. Am 17. Januar 2000 verstarb er nach langer Krankheit im Brandenburger St. Marienkrankenhaus. Das Requiem und die anschließende Beisetzung auf dem Neustädtischen Friedhof fanden am 24. Januar statt. Unter den Trauergästen waren neben ca. 300 Gläubigen, katholische und evangelische Geistliche, sowie Vertreter der Öffentlichkeit.
Längst war es dringend notwendig geworden, die Pfarrkirche innen und außen zu sanieren. Der Wiederaufbau nach 1945 war der angespannten wirtschaftlichen Situation entsprechend notdürftig und in einigen Details nur provisorisch ausgeführt worden. Eine spätere Nachbesserung oder ein genereller Umbau war auch in den folgenden Jahrzehnten unmöglich. So blieb es bei Kleinreparaturen und Malerarbeiten. Die umfangreiche Umgestaltung des Innenraumes 1972/73 geschah aus liturgischen Gründen und war eine Ausnahme.
Im Oktober 1994 wurde die marode Gasheizung der DDR-Zeit gegen eine neue ausgetauscht und eine Fußbodenheizung eingebaut. Nach langen Beratungen im Kirchenvorstand und im Pfarrgemeinderat und mit Genehmigung des Erzbischöflichen Ordinariates wurde Anfang 1996 endlich die umfassende Sanierung der Pfarrkirche beschlossen. Vor allem sollte die ursprüngliche Rundbogenstruktur im Altarraum wieder sichtbar gemacht werden und die Fenster im Kirchenschiff eine neue Gestalt erhalten. Am 12. Januar 1996 aber wurden die bereits bewilligten Mittel durch das Erzbischöfliche Ordinariat auf ein Mindestmaß gekürzt. Das hatte zur Folge, dass vorerst nur die Außenhülle saniert werden konnte. Turm und Kirchendach erhielten eine Metalldeckung. Der Innenraum wurde lediglich gereinigt und erhielt einen neuen Farbanstrich. Erst zwei Jahre später wurde es möglich, den Haupteingang neu zu gestalten und ein neues Kirchenportal zu finanzieren. Für den Sommer 2001 soll dann auch der bereits 1996 geplante Umbau des Altarraumes vorgenommen werden. Die Erneuerung der Fenster im Kirchenschiff aber bleibt aus Kostengründen vorerst verschoben.
„Kirche“ ist nicht nur Architektur, sondern die Gemeinschaft der Gläubigen. Kirche wird zum Haus Gottes, wenn die Gemeinde sie mit christlichem Leben erfüllt. So ist die Geschichte der Dreifaltigkeitskirche auch ein Stück lebende Gemeinde. Neben den herausragenden Ereignissen der vergangenen 150 Jahre gab es daher vor allem den christlichen Alltag. Es wurde Eucharistie gefeiert, Ehen geschlossen, Kinder getauft und im Glauben erzogen und die Gemeinde auch in dieser Stadt präsent gemacht.
9. Die katholischen Ordensschwestern in Brandenburg – nach oben
Ab 1898 hatte sich Pfarrer Schomer (Brandenburg 1869-1903) um Ordensschwestern für Brandenburg bemüht. Am 25. Januar 1899 gründeten sechs Dominikanerinnen vom Arenberg bei Koblenz in der Neustädtischen Heidestr. 24 eine bescheidene Niederlassung. Ihre Hauptaufgabe bestand in der ambulanten Krankenpflege und der Betreuung der Ärmsten von Brandenburg. Ab 1902 kam ein Kindergarten und ein Heim für jugendliche Arbeiterinnen dazu. 1921 erwarben sie in der Bergstr. 1-3 das Gartenlokal „Ahlerts Berg“. Hier eröffneten sie am 11. Februar 1923 das Krankenhaus und das Altersheim „Paulusberg“.
Die schweren Jahre der Inflation veranlassten die Schwestern 1925, die Verwaltung des Hauses dem Berliner Caritasverband zu überlassen. 1925 wurden die verdienstvollen Dominikanerinnen von den Armen Schulschwestern vom 3. Orden des Hl. Franziskus aus Vöcklabruck, Oberösterreich, abgelöst. In diesem Zusammenhang erfuhr das Krankenhaus einen umfangreichen Umbau und präsentierte sich am 8. August 1927 als „St. Marienkrankenhaus“.
Es begann eine segensreiche Zeit. Die Österreicherinnen brachten in das nüchterne und manchmal auch ein wenig sture Brandenburg etwas von dem Charme ihrer Heimat, der gleichermaßen von christlichen und nichtchristlichen Patienten mit Dankbarkeit angenommen wurde. Zusammen mit den ihnen nachfolgenden Schwestern hatten sie vor allem im Jahr 1945 bei den Schwerkranken ausgehalten. Auch als die Gebäude stark beschädigt waren, im Garten Leichen lagen und Plünderer das Haus durchstreiften, gaben sie nicht auf. In diesem Zusammenhang muss besonders Pfarrer Jochmann (Brandenburg 1937 – 1960) erwähnt werden, der in diesen Wochen nicht nur ein guter Ratgeber, sondern auch ein selbstloser und tatkräftiger Helfer war.
Am 15. August 1945 erhielten die Schwestern den Befehl, innerhalb von 48 Stunden das Haus zu räumen. Kaplan Szydzik (Brandenburg 1940-1946) gelang es, bei der sowjetischen Kommandantur vorzusprechen. Er wies darauf hin, dass dieses Krankenhaus dem Bischof von Berlin gehöre. So kam es zur Aufhebung des Räumungsbefehls. Nach langen, mühevollen Verhandlungen blieben der kirchliche Charakter des Hauses und die Eigentumsrechte des Caritasverbandes gesichert und wurden auch in den folgenden Jahren kommunistischer Herrschaft nicht mehr angetastet.
Am 8. Oktober 1959 feierten zwei Kandidatinnen ihre Aufnahme in den Orden. Ihnen sollten in den kommenden Jahren weitere Bewerberinnen folgen. Ebenfalls 1959 wurde in den Gemeinden Brandenburgs zum „Krankenhausdiakonat“ aufgerufen. Es meldeten sich 60 Frauen und Mädchen, die über Jahre an jedem Sonntag die Arbeit der Schwestern ehrenamtlich unterstützten.
Da die Anzahl der Zivilangestellten von Jahr zu Jahr immer mehr anstieg, stellte der Berliner Caritasverband am 1. September 1976 einen Verwaltungsleiter ein. Der Zuwachs an jungen Ordensschwestern ließ nach, die alten Schwestern hatten aber bereits ihren Dienst weit über die Grenze des Rentenalters versehen. Einige starben, andere gingen in ihr Mutterhaus nach Österreich zurück. Daher beschloss der Orden 1987, den Dienst im Marienkrankenhaus aufzugeben und in der Neustädtischen Heidestr. 27 ein Schwesternhaus für einen ambulanten Alten- und Krankendienst einzurichten. Am 2. Juli 1993 war die Grundsteinlegung. Die Einweihung des Schwesternhauses „St. Franziskus“ durch Pfarrer Richard Rupprecht (Brandenburg seit 1985) erfolgte am 4. Oktober 1994. Der offizielle Umzugstermin aus dem Marienkrankenhaus in das neue Haus war der 25. Januar 1995. Zwei Schwestern blieben im Marienkrankenhaus und versorgten die Bewohner des noch bestehenden Altersheimes. Als am 21. Juli 1997 das neue Seniorenzentrum in der Neustädtischen Heidestr. 19 bezogen wurde, beendeten auch die letzten Ordensschwestern ihren Dienst in der Bergstraße. Aus diesem Grund löste Kardinal Sterzinsky die Schwesternniederlassung im Marienkrankenhaus auf.
10. Das Dekanat – nach oben
Rathenow | Premnitz | Belzig | Wiesenburg | Lehnin | Jeserig | Brandenburg-Quenz | Brandenburg-Görden | Brandenburg – Plaue | Brandenburg-Nord | Nauen | Ketzin | Friesack
Gleich nach seiner Anstellung in Brandenburg plante Pfarrer Tieffe (Brandenburg 1844 – 1858) die Einführung von Gottesdiensten im Landbereich. Das Anwachsen der Gemeinde, aber auch die oft kilometerweiten Entfernungen für die Gemeindeglieder zur Kirche rechtfertigten diese Überlegungen. So fanden bald an den verschiedensten Orten regelmäßige Gottesdienste statt. „Außenstationen“ hießen sie damals wie heute. Einige dieser Außenstationen wurden bald selbständige Gemeinden mit eigenen Kirchen und Geistlichen.
Rathenow
In Rathenow fanden seit 1750 einmal im Jahr katholische Gottesdienste statt, und zwar hauptsächlich für die katholischen Soldaten. Erst nach der Gründung der Pfarrei in Brandenburg konnten in Rathenow regelmäßig Gottesdienste stattfinden. Ab 1825 feierten die Rathenower mit Pfarrer Tieffe (Brandenburg 1844-1858) die Gottesdienste in der Wohnung der Gräfin Schönburg. 1880 lebten bereits 260 Katholiken in der Stadt. Dazu kamen noch etwa 600 Gläubige in den umliegenden Dörfern. So bemühte man sich um den Bau einer eigenen Kirche. Eine großzügige Spende ermöglichte am 12. Juni 1889 den Kauf eines Grundstückes in der Friesacker Straße 3-5. Im März 1892 genehmigte das Bistum Breslau den Kirchbau. Da die staatlichen Behörden ihre Zustimmung auch erteilten, erfolgte am 27. April 1892 die Grundsteinlegung. Im Sommer 1892 folgte der Bau des Pfarrhauses.
Am 3. September des gleichen Jahres weihte Pfarrer Schomer (Brandenburg 1869-1903) die Kirche auf den Namen des Heiligen Georg. Aus Geldmangel hatte man allerdings auf ein ursprünglich geplantes Querschiff und einen Dachreiter verzichten müssen. Es war nur das neugotische Mittelschiff fertig gestellt worden, aber als gelungener, würdiger Sakralbau.
Mit der wachsenden Industrie wuchs auch die Gemeinde. 1895 erhielt der Brandenburger Kaplan Wolfgang Plischka seine Anstellung als erster Ortspfarrer von Rathenow. Er bemühte sich um die Festigung der Gemeinde und gründete verschiedene Vereine.
Unter seinem Nachfolger, Pfarrer Knoblauch, fand in Rathenow der erste Märkische Katholikentag statt. Etwa 6.000 Teilnehmer kamen zu diesem Anlass. Den Festgottesdienst hielt Kardinal Bertram aus Breslau.
Im Januar 1928 eröffneten Ordensschwestern „Mägde Mariens“ eine Niederlassung in der Forststraße 51 für eine ambulante Krankenpflege der Gemeinde. 1929 kam ein Kindergarten dazu. 1932 konnte auf dem Grundstück Paracelsiusstr. 8 eine dreiklassige katholische Privatschule errichtet werden. Zwei Lehrkräfte unterrichteten hier bis zu 70 Schulkinder.
1941 wurden Kindergarten und Schule durch die Nationalsozialisten geschlossen, 1948 durfte die Gemeinde den Kindergarten in den Räumen der ehemaligen Schule wieder eröffnen. Als 1979 die Ordensschwestern ihre Tätigkeit aus Altersgründen aufgaben, übernahm der Berliner Caritasverband die Einrichtung. In dieser „Kita“ werden heute bis zu 48 Kinder betreut.
Wie überall hinterließ auch in Rathenow der Nationalsozialismus seine Spuren. Als Pfarrer August Fröhlich (Rathenow ab 1937) erfuhr, dass bei der Firma Busch polnische Arbeiterinnen misshandelt wurden, setzte er sich für die Wehrlosen ein. Dafür kam er nach Dachau, wo er 1942 verstarb. Nach vier Wochen wurde seine Urne auf dem St. Matthias-Friedhof in Berlin beigesetzt.
Trotz wiederholter Fliegerangriffe zwischen 1944 und 1945 blieb die Rathenower St. Georgskirche vor der Zerstörung bewahrt. Am 25. April 1945 begann der Kampf um die Stadt. Am 28. April 1945 besetzte die Rote Armee das Haus der Schwestern und das Pfarrhaus. Erst im Herbst 1946 durfte das Grundstück wieder endgültig genutzt werden. 1951 erhielten die Kirchenfenster eine neue Verglasung. 1958 erfolgte eine umfangreiche Renovierung von Kirche und Pfarrhaus.
Viele Heimatvertriebene suchten nach dem Krieg auch in Rathenow und den umliegenden Dörfern eine neue Heimat. Zwölf Außenstationen mussten eingerichtet werden.
In den Jahren 1979 – 1986 erfuhr die St. Georgskirche eine umfangreiche Umgestaltung. Vor allem der Altarraum erhielt eine liturgiegerechte Form. Während eines Festgottesdienstes am 22. November 1986 wurde der neue Altar durch Kardinal Meißner (Berlin) geweiht. Nach einer Statistik von 1987 zählte man in Rathenow und Umgebung 800 Katholiken.
Premnitz – nach oben
Im benachbarten Industriestandort Premnitz hatten zwischen 1918 und 1930 im Kulturhaus der IG Farben unregelmäßig katholische Gottesdienste stattgefunden. Von 1930 bis 1937 diente eine Holzbaracke als Notkapelle. 1943 erfolgte die Berufung Benno Brucks zum ersten ortsansässigen Geistlichen von Premnitz. In dieser Zeit gelang es, einen Lagerschuppen zu erwerben. Er gehörte der Werkbahn der IG Farben. Nach einem entsprechenden Umbau feierten die Premnitzer Katholiken hier ihre Gottesdienste bis 1978. 1945 hatten die Russen das Gebäude vorübergehend für militärische Zwecke entfremdet.
Durch die Zuwanderung von Heimatvertriebenen nach 1945 vergrößerte sich die Gemeinde immer mehr. Pfarrer Wenzel begann 1977 mit dem Bau einer neuen Kirche. Dabei verunglückte er am 14. Oktober 1977 tödlich. 1986 übernahm Pfarrer Paul Berger die Gemeinde, bis er 1988 aus gesundheitlichen Gründen nach Berlin versetzt wurde und seine bisherigen Aufgaben an Pfarrer Johannes Drews übergab.
Belzig – nach oben
Während der Gleisarbeiten in Belzig fanden für die katholischen Bahnarbeiter von 1875 – 1876 vierzehntägig Gottesdienste statt. Am 5. Juni 1911 begann Pfarrer Glasneck (Brandenburg 1903 -1919) mit regelmäßigen Gottesdiensten im Belziger Schützenhaus. Die Grundsteinlegung für die St. Bonifatiuskirche fand am 28. Juni 1938 statt. Pfarrer Schubert (Brandenburg 1919-1937), der den Kirchbau sehr förderte, weihte am 11. November 1931 die Glocken. Die Einweihung der Kirche erfolgte am 28. März 1932 durch den Berliner Bischof Schreiber. Erster eigener Seelsorger wurde am 7. Mai 1933 Kuratus Erich Tschetschog. Er war Ende des II. Weltkrieges entscheidend an der kampflosen Übergabe von Belzig beteiligt und erhielt dafür später die Ehrenbürgerschaft der Stadt.
Die pastorale Selbständigkeit erhielt die Pfarrei Belzig 1937, die vermögensrechtliche 1947.
1973 wurde der Altarraum der Kirche umgestaltet und ein neuer Altar aufgestellt. Zur Gemeinde gehören z.Zt. 65 Ortschaften auf einer Fläche von ca. 900 km².
Wiesenburg – nach oben
Zur gleichen Zeit wie in Belzig baute die Bahn auch in Wiesenburg. So fanden 1878 die Gottesdienste für die Streckenarbeiter aus dem Eichsfeld im Gasthaus „Zum Hofjäger“ statt. Im Schloss Wiesenburg war der erste Gottesdienst am 9. August 1901. Als die Gräfin Elisabeth von Fürstenstein konvertierte, richtete sie für die Katholiken im Schloss eine eigene Kapelle ein. Am 11. Juni 1928 nahm der Paderborner Weihbischof Hillebrand die Einweihung vor. Kamen zunächst die Seelsorger aus Brandenburg, gehörte die Gemeinde Wiesenburg ab 1933 zu Belzig. 1950 erfolgte die Kündigung der Kapelle. Daraus ergab sich der Bau einer eigenen kleinen Kirche. Bischof Weskamm (Berlin) weihte die St. Elisabethkirche am 24. Mai 1952.
Von 1953 bis 1968 war Wiesenburg selbständige Kuratie. In dieser Zeit zählte man über 500 Katholiken. Die meisten kamen nach dem II. Weltkrieg aus den ehemaligen Ostgebieten Deutschlands. Da sich die Zahl der Gläubigen aber in den folgenden Jahrzehnten mehr und mehr reduzierte, wurde die Gemeinde wieder mit Belzig vereinigt. Im August 1998 fand in Wiesenburg die letzte Hl. Messe statt. Zwei Jahre später wurde das Kirchengebäude verkauft.
Lehnin – nach oben
Bereits im 19. Jahrhundert hatte sich in Lehnin eine kleine katholische Gemeinde gebildet. Der erste nachgewiesene Gottesdienst fand am 29. März 1896 im Gasthaus „Zum deutschen Kronprinz“, Hauptstr. 7-8 statt. Ab 1903 feierten die Lehniner Katholiken ihre Gottesdienste im „Preußischen Hof“. 1920 nutzte die Gemeinde den Zeichensaal der Schule. Man zählte etwa 300 Gottesdienstbesucher, größtenteils Saisonarbeiter aus Polen und Landarbeiter aus Westfalen. Um den Zusammenhalt bemühte sich über Generationen die Kaufmannsfamilie Völker. Der Bau einer eigenen Kirche aber wurde immer wieder durch die Gemeindeverwaltung verhindert.
1935 versuchte Pfarrer Schubert (Brandenburg 1919-1937) erneut einen Kirchbau, aber die NS-Regierung bewilligte kein Material. Nach Ausbruch des II. Weltkrieges war an einen Kirchbau erst recht nicht mehr zu denken. Dafür ermöglichte die evangelische Gemeinde Lehnin, dass zweimal im Monat katholische Gottesdienste in der ehemaligen Klosterkirche stattfinden durften.
Nach 1945 erhöhte sich die Zahl der Katholiken in Lehnin und den umliegenden Dörfern auf 600. Am 1. Dezember 1946 erhielt Pater Alfons Engler vom Bischöflichen Ordinariat Berlin die Anstellung als Lokalkaplan. In dieser Zeit stellte die Familie Völker den Anbau ihres Wohnhauses in der Hauptstraße 9 als Kapelle zur Verfügung. 1947 begann der Umbau. Am 19. März 1948 wurde die Kapelle durch den Brandenburger Pfarrer Albert Jochmann auf den Namen „Heilige Familie“ geweiht.
1950 überließ Frau Völker das gesamte Grundstück der Gemeinde. Nun entstand neben dem Pfarrhaus in den ehemaligen Wirtschaftsräumen ein Pfarrheim für Kinder- und Jugendgruppen. Pater Engler war es auch zu danken, dass in der Gartenstraße ein kleines Holzhäuschen aus dem Besitz der Familie Fiedler für 20 Jahre gepachtet werden konnte. Hier verbrachten von nun an überwiegend kinderreiche Familien aus Brandenburg und Berlin ihre Ferien.
1995 erfuhr die Einrichtung in der Hauptstr. 9 einen intensiven Umbau. Aus dem schlichten Jugendheim wurde ein moderner Bau für religiöse Kinder- und Jugendbetreuung. Zu Ehren des 1982 verstorbenen Pater Engler erhielt das Haus seinen Namen.
Jeserig – nach oben
Ein weiterer Kirchbau in der näheren Umgebung Brandenburgs ist die im Stil einer Wehrkirche erbaute St. Josefskirche in Jeserig. Sie verdankt ihre Existenz der stark gewachsenen Gemeinde nach 1945. Zu Beginn des Jahres 1952 hatte der Schuhmachermeister Heinrich Senkbusch aus Jeserig der katholischen Gemeinde in Brandenburg einen Teil seines Grundstückes geschenkt, mit der Auflage, hier eine Kapelle für die Katholiken von Jeserig und Umgebung zu errichten. Bisher waren sie Gäste im evangelischen Betsaal von Schenkenberg gewesen. Die Bauzeichnungen wurden von Diözesanbaurat Felix Hinssen und dem Brandenburger Architekten Conrad Puchalla angefertigt. Die Ausführung hatte die Baufirma Liere aus Groß Kreutz übernommen. Die Grundsteinlegung erfolgte am 8. Mai 1952. Trotz großer Schwierigkeiten Baumaterial zu beschaffen, konnte Bischof Weskamm die Kirche am 11. Juli 1953 weihen. Pater Georg Smelz wurde Ortsgeistlicher.
Über viele Jahrzehnte ist eine kleine Gemeinde dieser Kirche treu geblieben. Heute feiern Katholiken aus Lehnin und Jeserig regelmäßig hier die Hl. Messe.
Brandenburg-Quenz – nach oben
Um 1900 hatte in Brandenburg der industrielle Aufschwung begonnen. Am 17. Mai 1914 wurde in dem neu errichteten Stahl- und Walzwerk der erste Stahl gegossen. In unmittelbarer Nähe der Reichshauptstadt errichtet, sollte es den Schrottanfall Berlins als Rohstoffbasis nutzen. Es entwickelte sich bald zu einem bedeutenden Hüttenwerk.
Bereits 1920 hatte in einer Baracke des Werkes vierzehntägig katholischer Gottesdienst stattgefunden. Dass in der Walzwerksiedlung eine kleine katholische Kapelle gebaut werden konnte, verdankte die Gemeinde einem Obermeister des Walzwerkes, Franz Xaver Sievert. Er hatte die Katholiken aus Westfalen, dem Rheinland und dem Saargebiet zusammengehalten und unermüdlich für einen Kapellenneubau gesammelt. Mit eigener Hand fertigte er eine Monstranz, das große Altarkreuz, die ewige Lampe und die Sakristeiglocke. Um praktische, sitzbare Bänke zu beschaffen, fuhr er mit Tischlern aus der Gemeinde nach Berlin und probierte in Berliner Kirchen die geeignetsten Bankformen aus.
Am 3. Juni 1934 nahm Bischof Bares (Berlin) die Einweihung der St. Bernhardkapelle vor. Bedingt durch die wachsende Zahl der Kirchenbesucher fanden ab November 1939 jeden Sonntag drei Gottesdienste statt. Am 1. Juli 1940 erhielt St. Bernhard den Status einer selbständigen Kuratie*. Der erste Kuratus war der Brandenburger Georg Tuntke. Als er 1943 nach Berlin-Hohenschönhausen berufen wurde, trat an seine Stelle Pfarrer Theobald Höhle. Er versah hier seinen Dienst bis zu seinem Tod am 31. Januar 1986.
Von 1986 bis 1995 wohnte Diakon Werner Kießig mit seiner Familie in St. Bernhard. Nach einer Ausschreibung 1995 wurde das Pfarrhaus an die Familie Jörg und Ilona Schreiber aus unserer Gemeinde als Küster- und Hausmeisterwohnung vermietet.
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* seelsorglich selbständige Gemeinde, die vermögensrechtlich einer Pfarrei untersteht
Brandenburg-Görden – nach oben
Schon 1942 hatte Pfarrer Jochmann (1937-1960) in der evangelischen Notkapelle in Brandenburg-Görden Gottesdienste gehalten. Als es 1947 gelang, in der Mendelssohnstr. 3 ein Haus mit Grundstück zu erwerben, richtete man in zwei Zimmern der Erdgeschosswohnung eine Notkapelle ein. Die Seelsorge übernahm Pfarrer Anton Scholz*. Durch den Zuzug von Heimatvertriebenen aus dem Osten des ehemaligen Deutschen Reiches nach 1945 war die Gemeinde Görden auf 1.800 Mitglieder angewachsen. So konnte am Sonntag nur ein geringer Teil am Gottesdienst teilnehmen, auch wenn der Geistliche drei Sonntagsgottesdienste hielt. Daher fuhren viele zur Kirche in die Stadt.
1951 übernahm Kuratus Karl Rudolph Metzen die Gemeinde. Sein Bemühen galt vor allem dem Bau einer eigenen Kirche. Am 1. November 1951 fand die Grundsteinlegung zur St. Elisabethkirche statt. Da für einen Kirchbau im Stadtteil Görden kein Grundstück zu haben war, opferte man den Garten des Pfarrhauses Mendelssohnstr. 3 für dieses Vorhaben. Aus diesem Grund wurde auch nur ein Flachbau in Barackenform zugelassen. Ein kleiner Dachreiter als Turmersatz ist das einzige äußere Zeichen für diese Kirche. Architekten waren Hermann Lebegern und Conrad Puchalla. Die Bauarbeiten wurde überwiegend kostenlos von Mitgliedern der Gemeinde ausgeführt. Am 25. Mai 1952 konnte die Kirche von Generalvikar Puchowski (Berlin) geweiht werden. Vermögensrechtliche Selbständigkeit erlangte St. Elisabeth am 1. Juni 1956.
1966 erfolgte die Umgestaltung des Altarraumes. Paul Stippekohl fertigte einen neuen Altar aus Holz. 1999 erhielt die Kirche eine neugotische Statue der Hl. Elisabeth.
Letzter eigener Seelsorger war Pfarrer Konrad Paul. Er wurde am 1. Mai 1992 nach Berlin Wannsee versetzt.
Die angespannte Personalsituation in Brandenburg war der Anlass die selbständigen Kuratien St. Bernhard und St. Elisabeth mit der Dreifaltigkeitsgemeinde zu einer Gemeinde zu vereinen. Trotzdem finden in St. Bernhard und St. Elisabeth regelmäßig Gottesdienste statt. Priester der Ordensgemeinschaft der Redemptoristen und der Pfarrkirche Hl. Dreifaltigkeit teilen sich diese Aufgabe.
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* lt. Chronik von Pfarrer K.R.Metzen war er Zuchthausseelsorger in Brandenburg bis 1945
Brandenburg-Plaue – nach oben
Besonders entgegenkommend hatten sich die evangelischen Christen in Plaue gezeigt. Sie gestatteten in ihrer Kirche den Umbau einer Empore als katholische Kapelle. Am 1.Juli 1947 wurde Pfarrer Maniera der erste Seelsorger.
1948 richtete der Berliner Caritasverband im ehemaligen Gasthof „Schwarzer Adler“, Genthiner Straße 7 ein Altersheim ein. Ordensschwestern des Brandenburger Marienkrankenhauses* übernahmen die Altenpflege und ließen den Saal des Hauses als Kapelle umbauen. Hier fanden alle Gottesdienste statt, an denen auch die Katholiken aus Plaue und der näheren Umgebung teilnahmen.
1980 ging die letzte Ordensschwester aus Altersgründen nach Österreich zurück. Inzwischen waren dringende Sanierungsarbeiten erforderlich geworden. Da diese Arbeiten als sehr kostenintensiv veranschlagt waren und die Zahl der Heimbewohner immer mehr zurück ging, entschloss sich der Caritasverband, die Einrichtung aufzuheben. Anfang 1991 siedelten die letzten Senioren nach Berlin-Biesdorf um. Im Februar des gleichen Jahres fand in der Kapelle der letzte Gottesdienst statt.
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* Die bei Frau Dr. Ursula Creutz (S.53) angegebenen Borromäerinnen konnten in Plaue nicht nachgewiesen werden.
Brandenburg-Nord – nach oben
Als in den fünfziger Jahren im Norden Brandenburgs ein neuer Stadtteil errichtet wurde, entstand auch hier bald das Bedürfnis nach einem geeigneten Gottesdienstraum. Schon lange vorher hatten die Anwohner der Altstadt an den Gottesdiensten der Ordensschwestern in der Krankenhauskapelle Bergstr. 1-3 teilgenommen.* Am 1. August 1966 gründete Pfarrer Semrau (Brandenburg 1965-1985) die Lokalie Brandenburg-Nord. Erster eigener Seelsorger war Kuratus Ludwig. Sein Nachfolger, Pfarrer Bernhard Riedmüller, übernahm ab Oktober 1969 die Gemeinde Nord. Sein Bemühen, im Garten des Marienkrankenhauses eine eigene kleine Kirche zu errichten, scheiterte an der ablehnenden Haltung der Stadtverwaltung:
„… in Brandenburg gäbe es schon genug Kirchen“. Daher entschloss man sich, die Kapelle der Schwestern grundlegend umzubauen. Statt bisher 50 Sitzplätzen standen nunmehr 92 Sitzplätze zur Verfügung. Die Pfarrkirche aber sollte trotzdem das Zentrum der gesamten Gemeinde bleiben.
1985 erfolgte die Versetzung des letzten Gemeindeseelsorgers, Pfarrer Norbert Illmann, nach Wolgast. Da ein Nachfolger nicht zur Verfügung stand, musste die Lokalie Brandenburg-Nord aufgelöst werden.
Als 1993 die Dekanate neu geordnet wurden, kamen zum Dekanat Brandenburg noch drei Gemeinden dazu. Es sind die Pfarrei Nauen mit der Kuratie Ketzin und die Kuratie Friesack. Alle drei sind keine Gründungen von Brandenburg.
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* Siehe Kapitel 9: Die katholischen Ordensschwestern in Brandenburg
Nauen – nach oben
Auch in Nauen gab es nach der Reformation kaum noch Katholiken. Erst unter König Friedrich II. bildete sich wieder eine kleine katholische Gemeinde. Die meisten Gemeindemitglieder waren Angehörige des Nauener Militärs. Sie wurden von auswärtigen Geistlichen betreut. Als die Garnison verlegt wurde, verlor sich auch die Zivilgemeinde. Im Jahr 1810 kam der Toreinnehmer Johannes Reiß nach Nauen. Er sammelte mit großem Einsatz die Katholiken. Die neue Gemeinde zählte 50 Mitglieder. Ab 1821 kamen in unregelmäßigen Abständen Priester von St. Hedwig (Berlin).
Der Kaufmann Hugo Busse schenkte seiner Gemeinde ein Grundstück auf dem 1847 eine kleine Kirche gebaut wurde. Am 1. Juni 1848 konnte sie geweiht werden.
In den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts entstand eine katholische Privatschule. Das Gebäude dient heute als Bibliothek. Um 1900 war die Gemeinde auf 2.800 Gläubige angewachsen. Das rechtfertigte den Bau einer größeren Kirche. Nach Plänen des Baumeisters Josef Welz entstand 1906 eine neoromanische Basilika. Sie ist den Aposteln Petrus und Paulus geweiht.
Das dreischiffige Bauwerk ist 32 m lang, 15 m breit und 12 m hoch. Der 36 m hohe Turm beherbergt drei Glocken. Sie haben unbeschadet beide Weltkriege überstanden. Die Plastiken in der Kirche sind Sammelstücke aus Deutschland und Österreich und aus unterschiedlichen Zeitepochen. Die kleine zweimanualige Orgel von 1896 stammt von der Firma Schlack aus Schweidnitz in Niederschlesien.
Pfarrer Bernd Krause ist seit April 1996 Ortspfarrer von Nauen. Neben seinen Aufgaben in der Gemeinde liegen ihm die seelsorgliche Betreuung der Kinder und die Ökumene am Herzen. Besonderes Gewicht legen Pfarrer und Gemeinde auf Schutz und Versorgung ausländischer Mitbürger.
Ketzin – nach oben
Die kleine Kirche ist der „Rosenkranzkönigin“ geweiht. Sie wurde von 1910 bis 1911 erbaut. Am 8. Oktober 1933 konnten zwei Glocken geweiht werden. Die erste Altarerneuerung fand im Jahre 1937 statt. Letzter Ortspfarrer war Alfons Bormke. Seit 1983 gehört die Gemeinde zur Pfarrei „St. Peter und Paul“ in Nauen.
Friesack – nach oben
1860 entstand die Missionspfarrei Nauen/ Friesack. Der erste Pfarrer, Emanuel Maleika, kam 1925. Bereits am 21. November 1878 konnte die neu gebaute Kirche der „Rosenkranzkönigin“ geweiht werden. In dieser Zeit zählte man 130 Katholiken. Dazu kamen Saisonarbeiter aus Polen. 1932 zogen 20 katholische Familien aus Westfalen nach Friesack. Sie bilden heute noch ein geschlossenes Siedlungsgebiet. Pater Holzenkam, der von 1965 bis 1983 Seelsorger in Friesack war, ließ die Kirche grundlegend umbauen. Der nun etwas nüchterne Innenraum bietet Sitzplätze für 88 Gläubige.